Ohne Oxytocin kein Vertrauen in Werbemittel
Trust is a Must! Vertrauen zählt zu den Grundvoraussetzungen für stabile soziale Beziehungen. Seine Keimzelle liegt in der Entstehung des Lebens selbst und wird uns schon in die Wiege gelegt.
Wie Prof. Paul Zak, Pionier der Neuroökonomie, betont, ist Vertrauen ein archaischer Mechanismus, tief in unseren Genen verankert – von den Vertrauensbanden, die mit der mütterlichen Fürsorge für den Nachwuchs geknüpft werden bis hin zum kooperativen Teamwork, das zu den Grundlagen für die erfolgreiche Evolution der menschlichen Spezies gehört.
Lange bevor sich der jüngste Teil des menschlichen Gehirns – der reflexionsbegabte Neokortex – ausbildete und moralische Philosophien entwickeln konnte, galt bereits der so genannte Reziprozitätsmechanismus: Wie du mir, so ich dir.
Vertrauen als Vorschussleistung
Wir stehen täglich vor der Herausforderung, Vertrauen zu investieren und gehen somit auch immer wieder das Risiko ein, enttäuscht zu werden.
Dabei spielt der im Ursprung soziale Mechanismus eine Schlüsselrolle bei den meisten Entscheidungen, die wir im Alltag ununterbrochen treffen müssen. Fokussiert auf die Konsum- und Geschäftswelt: Kann ich den Argumenten des Verkäufers trauen? Stammt das Rindersteak tatsächlich aus nachhaltiger Viehzucht? Platzt die rosa Wolke des Werbespots, sobald ich das Produkt in Händen halte?
Das Leben in ausdifferenzierten Gesellschaften erfordert zunehmend, Vertrauen zu schenken, obwohl der persönliche Kontakt fehlt. Noch gefördert durch die digitale Expansion in einer globalisierten Welt, wird die Basis für Glaubwürdigkeit immer abstrakter und anonymer.
Der Leuchtturm Marke wackelt
Bei diesen Konstellationen reicht schon ein Vertrauensbruch, um z.B. ein Markenimage zu ruinieren, zumal die allgegenwärtige Medienlandschaft vor schlechten Nachrichten strotzt. Die Schlagzeilen zu gebrochenen Markenversprechen, Managementskandalen, gesundheitsschädlichen Produkten usw. haben längst den Flutpegel erreicht, können allerdings nicht als Medienmache vom Tisch gewischt werden, denn sie korrespondieren mit schlechten Erfahrungen der Kunden.
Die Konsequenz: Das Vertrauen in Marken sinkt weiter. Nach den Ergebnissen der Studie „Meaningful Brands 2015“, initiiert von Havas Media, wäre es für die Verbraucher in Europa kein Verlust, wenn 93 Prozent der Marken verschwinden würden.
Ohne Oxytocin kein Vertrauen
Zu den Forschungsschwerpunkten von Zak, auch bekannt als Doctor Love, gehört Oxytocin – ein Hormon, das bis Ende der 90er Jahre vor allem als Geburtshelfer bekannt war. Dann entdeckte man, dass es auch beim Stillen an der Mutterbrust und beim Kuscheln ausgeschüttet wird.
Heute weiß man, Oxytocin ist ein Indikator für alle vertrauensbildenden Prozesse. Wie Zak auf den Punkt bringt, balanciert dieser körpereigene Stoff die Angst vor Fremden und aktiviert Vertrauen(svorschüsse).
Seine Dosis ist natürlich auch abhängig vom Beziehungstypus – beim Liebespartner kann sie Höhenflüge erleben, beim Bäcker um die Ecke wird das Level vermutlich geringer ausfallen.
Wie mittlerweile zahlreiche Studien belegen, bei denen Hirnaktivitäten aufgezeichnet und der Hormonpegel gemessen wurden, gilt in jedem Fall: Je mehr Oxytocin produziert wird, desto größer das Vertrauen, die Stresshormone verabschieden sich und das Belohnungszentrum wird aktiviert.
Wecken Sie das Kuschelhormon?
Was bei sozialen Verbindungen funktioniert, kann auch auf die Mensch-Objekt-Beziehung übertragen werden. Im Rahmen einer Forschungsreihe instruierte Zak die TeilnehmerInnen, sowohl das Foto einer geliebten Person als auch eines bevorzugten Gegenstandes/Markenproduktes mitzubringen.
Während sich die Probanden jeweils eine Minute zu den Vorzügen ihrer Schätze äußerten, wurde der Anstieg des Kuschelhormons gemessen. Dabei erzielten einige Lieblingsobjekte sogar höhere Werte als ihre menschliche Konkurrenz. So unbewusst uns viele im archaischen Emotionssystem wurzelnden Gefühle sind, widersprachen auch in dieser Studie die expliziten Interviewantworten häufig den Laborergebnissen. Bei direkter Nachfrage wurde natürlich z.B. der Ehefrau mehr Vertrauen zugesprochen als dem iPhone.
Werbeartikel: Gibst du mir, gebe ich dir
Mit Blick auf Werbemedien stellt Zak insbesondere den vertrauensbildenden Einfluss der Werbeartikelwirkungheraus. Denn wie kein anderes Kommunikationsinstrument aktivieren gegenständliche Werbebotschafter den Reziprozitätsmechanismus. Beglückt mit einem nützlichen Objekt, reagiert der Empfänger mit einem Vertrauensvorschuss, „haben wollen“ und Dankbarkeit. Das Belohnungszentrum spendiert einen Glücksmoment.
Gemäß archaischem Muster darf der Geber auf Gegenleistung hoffen. Und die beinhaltet u.a. Aufmerksamkeit, Offenheit, Sympathie. Das geweckte Vertrauen wird durch die konkrete Form des Werbeartikels intuitiv vergrößert. Denn alles, was wir mit eigenen Händen greifen können, bewerten wir als real und glaubwürdig.
Selbst abstrakte Werte und Qualitäten wie etwa bei den Finanzdienstleistern werden durch Werbeartikel fassbar und leichter verständlich. Je besser der haptische Botschafter auf die Zielgruppe, den Einsatzzweck und das Unternehmen abgestimmt ist, desto größer seine Erfolgsaussichten als Werbeinstrument.
Wie du mir – so ich dir! Wer Empathie für seine Kunden zeigt, gewinnt auch ihr Vertrauen. Und das ist heute wertvoller denn je.
Im zweiten Teil lesen Sie, warum haptische Botschafter auch eine Schlüsselrolle für die Königsdisziplin Storytelling spielen.